Bayern wird vorgeworfen, dass es zu wenig für die Bildung ausgibt (Ausgabe der Süddeutschen von heute, 26. Februar 2013). Eine aktuelle Studie von Januar 2013 vom österreichischen Staat hat aufgezeigt, dass hohe Ausgaben für die Bildung kontraproduktiv sind. Je mehr man in die Bildung investiert, speziell je mehr man moderne Medien in die Bildung einführt, desto mehr geht das Bildungsniveau zurück, desto geringer wird der Bildungsstandard. Österreich ist das EU-Land, das am meisten für Bildung ausgibt. Hier gibt es offensichtlich dasselbe Phänomen wie beim Kinder-/Elterngeld. Die Staaten, die mehr für die Bildung ausgeben, müssen einen sinkenden Bildungsstandard erkennen, die Staaten, die am meisten Familien mit Kindern unterstützen, müssen sinkende Geburtenraten hinnehmen.


Was im zweiten Fall die Ursachen und Gründe sind, müssen die Experten herausfinden, bei der Bildung ist es offensichtlich. Sich Wissen anzueignen ist mit Qual verbunden. Das darf man zwar nicht sagen, das will niemand hören, aber Lernen ist mit Qual verbunden, es müssen sich Eiweißstrukturen im Gehirn bilden und diese bilden sich nicht einfach so. Hier benötigt es Anstrengung, Einsatz, Übung, Konzentration, Beständigkeit, Leistungswillen, Leistungsbereitschaft, Durchhaltevermögen, kontinuierliches Wiederholen – also muss sich das Individuum selbst quälen, selbst anstrengen, selbst konzentrieren, selbst zwingen – keine Apps, keine i-Pads, keine pulsierenden Lichter, keine „Herunterladungsmöglichkeiten“, keine Beamer, keine Screens, keine Sprachlabors – die sind ja völlig verschwunden – keine e-learning-programs und was es sonst noch an Unfug gibt, hilft dabei, im Gegenteil all das raubt Zeit, lenkt ab, beruhigt das Gewissen, bringt nichts. Das Individuum selbst muss lernen, üben, sich konzentrieren – sei es beim Training zum Tore schießen, sei es als Rockstar um die „Ultra-Bühnenpräsenz“ zu zeigen, sei es als Schüler, als Student – das Gehirn und das Rückgrat sind die einzigen, die lernen und ein ordentliches Heft, ein konzentriert gelesenes Buch, aufmerksam befolgte Lehreranweisungen, regelmäßig gelernte Vokabeln, vollständige und ordentliche Hausaufgaben, sorgfältige Verbesserungen von Schulaufgaben und Klausuren – spreche ich hier von etwas Neuem? – sind die „tools“. Im Zusammenhang dazu erwähne ich kurz, dass mich vor ca. einem Jahr eine Abteilung des Kultusministeriums von Südkorea besuchte. Wir verbrachten einen Abend im Lehrinstitut und der Minister, die Staatssekretäre und eine Anzahl von Lehrern wollten alles wissen über die möglichen Varianten von Privatschulen in Bayern. Der Hintergrund dazu ist, dass die Eltern in Südkorea kein Vertrauen zum staatlichen Schulsystem haben und ihre Kinder bis in die späten Nachtstunden in Privatnachhilfeinstitute stecken, damit dort der Stoff intensiv vermittelt und geübt wird. Nur wer an der einzigen Eliteuniversität von Südkorea aufgenommen wird, hat eine aussichtsreiche Karriere vor sich. Der Konkurrenzdruck ist enorm. Die Folge sind völlig ausgepowerte, ständig übermüdete, krankheitsanfällige Schüler, die tagsüber in der Regelschule schlafen. Man kann sich in Südkorea kleine Kissen kaufen, die man sich auf den Unterarm schnallt, um dorthin sein müdes Haupt zu betten. Der Staat versucht dieser ausufernden Praxis zu begegnen indem er Lernen in diesen Nachhilfeinstituten ab 22:00 Uhr verbietet und sogar Polizeirazzien durchführt um dieses Verbot durchzusetzen. Nun versucht man durch die Gründung von Privatschulen dem Lernen tagsüber wieder mehr Gewicht zu verschaffen und damit auch wieder das Lernen tagsüber an Staatsschulen als alltäglichen Zustand einzuführen.

Lernen am Abend, manchmal bis in die Nachtstunden hinein ist schon – leider – manchmal nötig. Aber nur bei denen, die es wieder einmal zu lange haben schleifen lassen, Stoff nachzuholen haben um endlich wieder am aktuellen Stand zu sein und wieder richtig im Unterricht mitmachen zu können.